
Unweit der Stadt Brugge liegt an der Kanalküste der Badeort Knokke – Heist. Dieser gilt als mondäne Sommerfrische für die Reichen und … naja. Zahllose dicke SUV aller noblen Automarken mit belgischen, holländischen, luxemburger und deutschen Kennzeichen in den Straßen von Knokke vor allem an Wochenenden und Ferientagen scheinen das zu bestätigen. Auf der Suche danach, was Knokke – Heist so populär macht, verlief ich mich zwischen den Glasfassaden luxuriöser Apartement – Häuser.
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Viel Strand in Knokke – und sonst?
Nur kurz dauert die Fahrt von Brugge zur Küste mit dem IC der belgischen Bahn. Halb umrundet die Strecke die Hafenanlagen in Zeebrugge, von wo auch nach dem Brexit noch Fähren über den Kanal nach England verkehren. Schon erreicht der Zug Heist und damit den ersten Halt in dem langgestreckten Küstenort Knokke – Heist. Dann folgt Dunbergen und als Endstation der Kopfbahnhof von Knokke.
Während beim Blick aus dem Fenster rechterhand Wiesen und Polderlandschaft, nur von wenigen Bauten wie dem Wassererlebnis – Zentrum Knokke unterbrochen, die Ansicht prägen, liegt nördlich der Bahnlinie auf dem Streifen bis zum Strand und Meer eine geschlossene Besiedlung. An der Endstation Knokke Station scheint man sogleich mitten im urbanen Zentrum der Stadt angekommen zu sein. Der zentrale Busbahnhof liegt direkt daneben und die Endstelle der „Küstenstraßenbahn“ (Kusttram) ebenfalls. Über den von gleich mehreren Kreisverkehren geprägten Vorplatz fällt der Blick auf die großen Sint Margareta Kirche auf der gegenüberliegenden Seite.

Shopping und gepflegt dinnieren – Erlebniswelt von Knokke
Neben der Kirche beginnt auch die wichtigste Einkaufsstraße von Knokke, der Lippenslaan, welche mit breiten Fußwegen und zwei beruhigteren Fahrspuren auf den Strand zuläuft. Zwischen Boutiquen und kleineren shops finden sich diverse Restaurants mit unterschiedlichem Angebot. Knokke ist bekannt für gehobenere Gastronomie im Vier – Sterne -Niveau, der Michelin Restaurantführer listet allein acht der kulinarischen Tempel in seiner aktuellen Ausgabe.

Schaufensterbummel als event
Wer sowieso schon auf der Lippenslaan unterwegs ist, sollte sich tatsächlich mal die Zeit nehmen zu einem entspannten Schaufenster – Bummel. Anders als in vielen Städten, wo inzwischen nur noch gelangweilte Schaufensterpuppen die Tristesse der Innenstädte hinter Glas fortzuführen scheinen, finden sich in Knokke einige mit Phantasie und Plan gestaltete Schaufenster, bei denen es richtig Spaß macht, mal genauer hinzusehen.

Bevorzugtes Thema ist natürlich Strand, Sommer, Freizeit und Lebensfreude. Doch irgendwie scheinen einige Dekorateure in Knokke manchmal Witz und Selbstironie in die Motive zu verpacken.
Rechts vom Lippenslaan öffnet sich der Alfred Verweeplein, der an manchen Tagen durch Marktleben erfüllt wird. Nun ja, dieser Wochenmarkt ist mit seinem Angebot allerdings ziemlich typisch wie in vielen anderen Städten auch.
Dem flämischen Maler Alfred Verwee, der auch an der Küste bei Knokke seine Landschaftsmotive fand, ist eine kleine Gedenksäule in einer Rabatte auf dem Platzmitte gewidmet. Verwee ist allerdings zusammen mit van Bunnen und einem weiteren „Investor“ der Verursacher des Investment – Booms in Knokke. Er begründete nicht nur eine Knogge Künstlerkolonie, sondern begann bereits 1887 mit dem gezielten Aufbau von Feriendomizilen zum Weiterverkauf.
Ferienapartments – teures Pflaster für Immobilienkäufer
An der Ostseite des Platzes steht das recht ansehnliche Rathaus von Knokke, erbaut aus rotem Backstein. Dort wird man sich vor allem über die sprudelnden Geldeingänge freuen, denn Knokke ist wegen der Beliebtheit bei den Wohlhabenden der Region ein teures Pflaster. Eine Panoramaansicht auf Knokke von Süden zeigte mir elf Baukräne. Unablässig werden weitere Apartmenthäuser mit „Ferienwohnungen“ gebaut, trotz Quadratmeterpreisen ab 33.000 € aufwärts. Beim neugierigen Blick ins Schaufenster einer Immobilienfirma fand ich kein Angebot unter 1/2 Mio.€.
Auch die „Prachtstraße“ Lippenslaan ist von Apartmenthäusern geprägt, die im Erdgeschoß Boutiquen, Immobilienbüros oder Restaurants beherbergen. Nur an wenigen Stellen gibt es ein paar ältere Häuser, welche scheinbar aus den Anfangszeiten von Knokke als Badeort übrig geblieben sind. Vom alten Fischerdorf ist nichts mehr zu sehen. Eine winzige Fischerkirche, welche irgendwo noch übrig sein soll, habe ich nicht gefunden. Leider ist sie auch nirgends prominent auf Ortsplänen verzeichnet…


Am Strand von Knokke
Zwischen zwei verglasten Apartmentblöcken am Van Bunnenplein trifft die Einkaufsstraße Lippenslaan auf die Strandpromenade. Der Strand ist erstmal kaum zu sehen, da davor noch Reihen von Holzbuden auf den ersten Strandmetern stehen.
Der feinkörnige Sandstrand gilt mit rund 12km Länge als Hauptattraktion von Knokke – Heist (wohl auch die Einzige). Im Westen schließen sich die Hafenanlagen von Zeebrugge an, so daß man in der Ferne immer wieder auch Schiffe passieren sieht. Die Strandpromenade ist ebenfalls von Apartmenthäusern geprägt. An einem Strandbogen unterbricht das Casino Knokke die Häuserfront. Das Gebäude aus dem Jahr 1930 ist mit seiner art deco – Ausstattung eine kleine Besonderheit des Ortes. Bis 1973 fand im Casino Knokke ein internationales Songfestival (Coupe d’Europe du tour de chant ) statt, welches für westeuropäische Länder nahe an den Grand Prix d’Eurovision heranreichte.


Heute macht noch das alljährliche Feuerwerksfestival von Knokke (Internationaal vuurwerkfestival ) von sich reden. In einer Sommerwoche gibt es jeden Abend ein spektakuläres Feuerwerk zu einem musikalischen Programm.
Naturoase und Radfahrer – Eldorado
Im Osten grenzt an den Ort Knokke das belgisch – niederländische Naturschutzgebiet Het Zwin. Für Naturliebhaber gilt dieses 159ha große Küstenschutzgebiet an der Grenze zu den Niederlanden als kleines Mekka. Leider war es mir aufgrund eingeschränkter Mobilität nicht möglich, diesem Kleinod einen Besuch abzustatten, weshalb ich wohl die einzige wirkliche Attraktion von Knokke verpaßt habe. Z.T. abseits der Straßen und außerhalb der Ortschaften gibt es außerdem eine Vielzahl von Rad- und Wanderwegen durch 3.500ha Polderlandschaft im Umland von Knokke – Heist.
Ein Zentrum für Wassersport und – Spaß liegt südlich der Bahnlinie an der Duinenwater – Straße – die Sportoase Duinenwater. Hier gibt es neben dem Schwimmbad und Mini-Strand auch u.a. eine Wasserski – Anlage.
Medizintourismus
Einige Reisende kommen auch noch aus einem ganz anderen Grund nach Knokke. Südlich des Stadtzentrums ist Mitte des zweiten Jahrzehnts im neuen Jahrtausend ein etwas futuristisch anmutender Bau entstanden – das Krankenhaus AZ Zeno. Dabei handelt es sich um ein normales öffentliches Krankenhaus, welches aber z.T. von Spezialisten für Operationen belegt wird. So operiert z.B. der bekannte belgische Hüftchirurg Dr. DeSmet mit seinem Team von der ANCA Clinic neben Gent auch im AZ Zeno in Knokke. Für diese Termine reisen v.a. jüngere Hüftleidende aus ganz Europa und sogar weltweit an, um sich wenn möglich etwas anderes als die übliche Totalendoprothese „einbauen“ zu lassen. Mit hip resurfacing in Metall oder Keramik kann nach der Genesung das sportlich aktive Leben weitgehend ohne Einschränkungen wieder aufgenommen werden. Das AZ Zeno stellt dafür die Operationsräume, die pre- und postoperative Behandlung und auch erste therapeutische Maßnahmen, z.B. im großen Hydrotherapie – Becken im Souterrain.

Ein Besuch in Knokke – Fazit
Knokke – Heist versucht mit seinem 12km langen Strand zu punkten. Aber mal ehrlich, reicht das für eine wirkliche Attraktivität aus? Da bin ich wirklich skeptisch. Selbst an der Ostsee finde ich Orte, die „nur Strand“ haben, ziemlich langweilig. Zum Glück gibt es dort meistens noch schöne Radwege und Verbindungen zum m.o.w. attraktiven Hinterland – und wenigstens einige historische Markenzeichen wie reetgedeckte Fischerkaten, Backsteinkirchen aus dem Mittelalter oder kleine Häfen. In Knokke ist die Historie so zurückgedrängt, daß man von „überbaut“ im Wortsinne sprechen kann.

Manch einer mag ja von der trickle-down – Theorie gehört haben und hoffen, daß bei seinem Besuch gerade ein kleines Vermögen durch die Taschen eines der Teilzeit – Knokke-Bewohner rieselt. Im Zeitalter von Kreditkarte und mobile pay bin ich sehr skeptisch hinsichtlich des erwarteten Erfolges. Da mache ich mich lieber für eine Stunde auf zum Schaufensterbummel auf der Lippenslaan und amüsiere mich über manches gelungene Arrangement oder auch einzelne Grotesken, die sich in die Bilder interpretieren lassen. Die geschlossene Uferfront von Apartmenthäusern aus Beton und Glas, die fast genauso einfallslos und gefühlskalt wie die Schießschartenarchitektur im Berliner Regierungsviertel daherkommt, läßt mich dagegen eher erschaudern – wenn das die neue Wohlfühlwelt in bester Meeresblicklage sein soll. Für mich eher der Inbegriff einer anschaulichen (nicht ‚beschaulichen‘!) Immobilienblase.
Wer sowieso gerade an der flämischen Küste unterwegs ist, kann eine kurze Stipvisite in Knokke wagen – doch extra hinfahren, dazu fehlte mir der Grund.

Reisetips für Knokke – Heist
Anreise

Die Anreise nach Knokke – Heist mit der Bahn ist einfach mit den IC der belgischen Bahn, die von Brugge aus, teilweise auch von Brüssel und dem Flughafen Brüssel im Stundentakt (zu Stoßzeiten auf Halbstundentakt verdichtet), bis zur Endstelle Knokke Station verkehren.
Wer schon an der flämischen Küste unterwegs ist, kann auch die Küstenstraßenbahn (Kusttram) nutzen – die mit 68km längste Straßenbahnlinie der Welt! Fünf der Stationen liegen im Gebiet von Knokke-Heist.
Unterkunft in Knokke
Mit Zelt oder Wohnmobil ist der kleine Zeltplatz Nomad Knokke (Natiënlaan 72) zu empfehlen. Doch auch wer ohne eigenes Zelt unterwegs ist, findet im zugehörigen Glamping Nomad Knokke* eine recht komfortable Unterkunft – vom kleinen Zweibettzelt mit Betten, Kühlschrank und Terrasse bis zum Großzelt (bis 5 Personen) mit Dachgiebel – Schlafplätzen. Bad und Dusche sind gemeinschaftlich, aber in kleinen „Naßzellen – Würfeln“ zahlreich, die können jeweils für die Dauer der Nutzung nach außen abgeschlossen werden. Grillstände finden sich auf den Plätzen zwischen den jeweiligen Zeltrunden. Ein großer Supermarkt für Selbstversorger findet sich gegenüber der Einfahrt auf der anderen Straßenseite.


Relativ einfache Unterkünfte bietet das traditionsreiche Hotel Prins Boudewijn* am Anfang der Lippenslaan Einkaufsstraße, nur etwa 400m vom Bahnhof entfernt. Ein Frühstück vom Buffet kann auf Wunsch mitgebucht werden. Die oberen Etagen sind mit einem Lift erreichbar. An der Straßenfront des Hauses gibt es zwei Restaurants. Im Umfeld des Hotels sind einige günstigere Gaststätten von Pita bis Pizza sowie für Selbstversorger in der Nähe auch ein kleiner Lebensmittel – Laden. Die Zimmer im Hotel verfügen über einen Kühlschrank, aber keine Wasserkocher o.ä.

Wetter in Knokke – Heist
Die Wettervorschau für Knokke-Heist heute und in den nächsten drei Tagen zeigt die nebenstehende Übersicht. Ein Blick auf das Wetter erleichtert die Planung der Strandtage…
Geld in Belgien
In Belgien gilt der Euro als Zahlungsmittel. Für die Bargeldbeschaffung stehen z.B. am Boulevard Lippenslaan zahlreiche Bankautomaten zur Verfügung.
Doch auch in Belgien findet die bargeldlose (und überwachungsfreundliche) Kartenzahlung zunehmend Verbreitung. Praktisch in allen Geschäften kannst Du mit einer Kreditkarte bezahlen. Achte auf die sichere Unterbringung Deiner Wertsachen.
