In vielen Gegenden Dänemarks sind bis heute Grabstätten aus der Steinzeit in Form von Dolmen und Grabhügeln erhalten. Eine der bedeutendsten Ansammlungen dieser Bodendenkmäler der Megalith – Architektur befindet sich bei Lindeskov im Osten der Insel Fünen. Wer in dieser Region unterwegs ist, sollte Zeit für einen Besuch am Lindeskov Dolmen und dem Gut Lykkesholm einplanen.
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Lindeskov und die vorgeschichtlichen Denkmäler bei Lykkesholm
Vom Holckenhavn Fjord an der fünischen Ostküste bis in die Gegend von Ringe zieht sich das Kerbtal der Ørbæk å. Dort, wo der Gammelmølle See und das Schloß Lykkesholm den Bach begrenzen, liegt die kleine Siedlung Lindeskov. Bekannt ist Lindeskov vor allem wegen der Ansammlung von Grabhügeln, Dolmen und Dolmenkammern aus der Bauernsteinzeit. Doch wer sich hier im Tal des Ørbæk å einige Zeit aufhält, kann noch weitere historische Entdeckungen und schöne Naturerlebnisse haben.
Der Langdolmen von Lindeskov
Am Bekanntesten, zumindest unter Geschichtsinteressierten und Altertumswissenschaftlern, ist der Langdolmen etwa 300m nördlich von Lindeskov. Denn dieser ist mit 168m der längste Langdolmen (dän.: Langdysse) in ganz Dänemark. Mit zehn Metern in der Breite und etwa 1,30m maximaler Höhe liegt der Lindeskov – Dolmen wie ein flacher Brotteig in der Landschaft. Eingerahmt wird der Grabhügel von einer Steinsetzung. Von den 126 Randsteinen sind noch fast alle erhalten. Das ist schon erstaunlich, denn die Dolmen bei Lindeskov wurden ca. 3500 Jahre vor Christus errichtet. Stell Dir das mal vor – aktuell sind diese Bodendenkmäler 5500 Jahre alt! Der Langdolmen von Lindeskov hat nur eine sichtbare Grabkammer.
Die Dolmen im Hestehave Wald
Wenn Du vom Lindeskov – Dolmen aus auf dem Weg etwa 500m weiter nach Norden wanderst und dann auf einem Pfad nach links in den Wald läufst, kommst Du zu weiteren Dolmen. Der Wald wird Hestehave genannt. Hier gibt es ein ganzes Feld mit zwei Langdolmen, einem Runddolmen und einer Dolmenkammer, die ähnlich alt sind wie der Langdolmen von Lindeskov. Bei Grabungen im letzten Jahrhundert fand man in einem der Dolmen verschiedene Grabbeigaben: ein Tongefäß, zwei Feuersteinklingen und einige Bernsteinperlen.
Bekannt ist, daß der Grabhügel etwa 1100 Jahre vor Christus, also in der späten Bronzezeit, noch einmal als Grabstätte genutzt wurde. In dieser Zeit war man zur Feuerbestattung übergegangen: Der Leichnam wurde auf einem Scheiterhaufen abgelegt und verbrannt. Asche und Knochenreste wurden in ein irdenes Gefäß, manchmal auch in einen Bronzebecher gegeben und diese Urne wurde bestattet. Der Grabhügel wurde geschlossen und ggf. noch erhöht. Bei den archäologischen Untersuchungen fand man als Grabbeigaben aus dieser Zeit Rasiermesser und Pinzetten sowie einige Nadeln und ein Messer.
Der Assensvej – Dolmen
Besonders beeindruckend fand ich den Dolmen am Assensvej, also direkt an der Straße von Ørbæk nach Ellested. Das hatte natürlich mit der lichtgünstigen Zeit am Abend bei sinkender Sonne und einsetzender Dämmerung zu tun, die den Grabhügel in warmes orange – goldenes Licht tauchten. Doch auch die Steinsetzungen beeindruckten mich: Dieser Dolmen hat immerhin 5 Grabkammern, die man deutlich an „Steinportalen“ auf dem Hügel erkennen kann. Ein dauerhaftes Denkmal der Megalith – Architektur von vor 5000 Jahren!
Es gibt zur Errichtung der Megalith – Gräber sogar eine „Bautrupp – Theorie“. Man vermutet, daß Gruppen von Arbeitern in den Regionen unterwegs waren, die solche Steinsetzungen errichteten, denen mindestens ein sehr sachkundiger Baumeister angehörte. Denn auch wenn das Material meist aus Findlingen besteht, die nicht bearbeitet wurden, war es doch eine Herausforderung, die oft tonnenschweren Steine zu bewegen, aufzurichten und statisch sicher übereinanderzulegen. Dazu gehörte neben „manpower“ eine kluge Technologie und eine Menge Erfahrung. Anhand von Unterschieden in der Bauweise wird heute auf Wanderrouten einzelner Baumeister oder auf steinzeitlichen „Technologie – Transfer“ geschlossen. Die Megalith – Dolmen von Lindeskov sind vielleicht nicht so beeindruckend wie der Grabhügel Mårhøj nördlich von Kerteminde, wo Du sogar durch einen engen Gang in die Grabkammer kriechen kannst, doch in der Dichte und Vielgestalt sowie der Größe des Langdolmens auf jeden Fall den Stop wert.
In der Umgebung von Lindeskov befinden sich noch weitere Dolmen, die allerdings oft weniger gut erhalten sind und sich zudem meist auf privaten Grundstücken befinden, so daß ein Zugang leider nicht möglich ist.
Jüngere Geschichte im Tal des Ørbæk å
Wallanlage Magelund Voldsted
Wer sich aufmerksam umschaut bzw. die Lage schnell erfassen kann, erkennt bereits vom Assensvej aus die Wallanlage Magelund Voldsted südlich der Straße. Doch der Zugang erfolgt über den Magelundvej, der Lindeskov mit Lykkesholm verbindet und im Tal der Ørbæk å verläuft. Das ist auch viel schöner 🙂
Magelund Voldsted ist der Überrest einer Burg aus dem 13. Jahrhundert. Heute sind nur noch die 15m hohen Wallanlagen erhalten, die sich über einem Seitental der Ørbæk å erheben. Dort fließt ein kleiner Bach zwischen Feuchtwiesen, der Gammelbæk. Die Burg soll aber ursprünglich von drei Seiten mit Wasser, also richtigen Gräben oder Teichen umgeben gewesen sein. 1329 erstmals schriftlich erwähnt, geriet die Burg in die Streitigkeiten zwischen dänischem Adel, der Krone und den holsteinischen Grafen. Im 14. Jahrhundert konnte der dänische König Valdemar die Holsteiner zurückdrängen und seine Macht gegenüber dem Adel festigen. Seine Tochter Margrethe folgte dieser Politik und erwarb die Burg 1391. Zu dieser Zeit wurden viele Burgen des Adels geschliffen – also zerstört – und nur Burgen von Königstreuen blieben erhalten. Königin Margrethe belehnte mit Magelund Voldsted ihren Gefolgsmann Henneke Olufsøn Bjørn.
Zur Burg Magelund Voldsted gehörte ein Gut mit reichen Ländereien in der Umgebung. Die Burg selbst wurde mit Beginn des 15. Jahrhunderts aufgegeben und durch die Neuansiedlung im Schloß Lykkesholm etwa 1km westlich, direkt am Lauf der Ørbæk å, ersetzt. Vermutlich spielte die Nutzung der Wasserkraft dafür eine wichtige Rolle.
Wer heute die Wallanlagen von Magelund Woldsted besichtigen möchte, kann dorthin durch stattlichen Buchenwald an der Hyldan Bro (Brücke) ins Tal der Gammelbæk wandern. Da die gesamte Anlage einschließlich der Talwiesen beweidet wird, sind wie so oft in Dänemark Weidezäune vorhanden, die über Feldtore an den Wanderwegen passiert werden können. Die Feuchtwiesen sind sicher auch ornithologisch interessant.
Lykkesholm Slot und Gammelmølle
Im Tal der Ørbæk å gibt es mehrere Wanderwege, die zu Fuß oder mit dem Fahrrad passiert werden können. Unter Einbeziehung des Magelundvej (der kleinen Straße) sind auch Rundwanderungen möglich. Das Tal selbst ist größtenteils bewaldet, entlang der Ørbæk å sind kleine Teiche – der Gammelmølle Sø östlich vom Lykkesholm Slot und der Kobbermose westlich vom Schloß.
Der Gammelmølle Sø ist der Mühlteich für die gleichnamige Mühle, deren heutige Gebäude von 1890 stammen. Weiter östlich gab es mit der Nymølle eine weitere Wassermühle, die die Wasserkraft der Ørbæk å nutzte. Doch die Nymølle wurde 1949 komplett mit Fachwerkhaus und Nebenanlagen abgebaut und in ein Freilichtmuseum bei Kopenhagen versetzt. Heute sind nur noch Reste der Grundmauern zu finden. Der Mühlteich ist verlandet und bewaldet.
Das Schloß Lykkesholm liegt auf einer vierseitigen Wallanlage und ist in Privatbesitz. Es kann deshalb nicht betreten werden. Der dänische Dichter Hans Christian Andersen, im deutschsprachigen Raum v.a. für seine Märchen* wie „Die Schneekönigin“, „Die kleine Meerjungfrau“ oder „Prinzessin auf der Erbse“ bekannt, weilte mehrfach auf Lykkesholm. Er hielt das Schloß für den schönsten Ort auf ganz Fünen und lies sich für mehrere seiner Werke inspirieren: „Nur ein Spielmann“, „Die 12 Monate des Jahres“, „Die Rosenknospe“
Schön ist die Umgebung im ganzen Tal. An der Kobbermose brüten regelmäßig Graugänse. Da es sich um einen erweiterten Torfstich handelt, sind auch botanische Raritäten an den Ufern zu erwarten.
Reisetips zu den historischen Stätten von Lindeskov (Fünen)
Anreise
Wer mit dem Auto oder Mietwagen* auf Fünen unterwegs ist, findet sich leicht zum größeren Kreuzungsort Ørbæk südwestlich von Nyborg. Von dort sind es auf dem Assensvej wenige Kilometer bis Lindeskov, wo auch der Magelundvej nach Lykkesholm abzweigt. Wem die schmale kurvige Straße durch das Tal der Ørbæk å nicht behagt (z.B. mit Wohnmobil*), kann auch von Ellested aus über den Lykkeholmvej zum Schloß fahren.
Bist Du mit dem Rad auf Tour über Fünen, dann liegen die Lindeskov – Dolmen an der Fahrradroute 51 Faaborg – Nyborg. Ich war z.B. im nahen Ekeskov Slot und bin von dort aus über Lindeskov nach Ladby zum Wikinger – Museum bei Kerteminde gefahren – alles per Rad, was auf meist kleinen schmalen Straßen durch abwechslungsreiche Landschaft sehr schön war.
Fährst Du zuerst direkt zum Lindeskov – Dolmen (dem 168m – Langdolmen), dann findest Du in einem flyer – Spender ein Info- Blatt auch auf deutsch mit kleiner Karte der Region, dem Verzeichnis aller Bodendenkmäler, dem Schloß und den Mühlen und archäologische sowie naturkundliche Kurzbeschreibungen. Damit ist die Orientierung auf den weiteren Wegen viel einfacher. (Herausgeber: Nyborg Kommune)
Wetter
Meine Wetter – Empfehlung für den Besuch in Lindeskov: Bei Sonnenauf- oder Untergang an einem klaren Tag mit „Schäfchenwolken“ sind die Dolmen besonders schön, wenn die Steinsetzungen lange Schatten über die Hügel werfen. Oder die mystische Alternative an einem wolkenverhangenen, nebligen Tag, wenn Du kaum von einer auf die andere Seite der Grabhügel gucken kannst….
Damit Du Deine Geschichtsexkursion in die Steinzeit gut planen kannst, findest Du nebenstehend eine kleine Übersicht für das Wetter in Lindeskov heute und in den nächsten drei Tagen.
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° Bildquelle: wikimedia.org, originalgetreue fotographische Wiedergabe des Gemäldes von F.M.E. Fabritius de Tengnagel (1781-1849)